| | |

Roadtrip Tag 1 – Barcelona-Saragossa

Im Flieger von Palma nach Barcelona ist schon ein BMI von über 15 zu viel. Nicht daß ich in den Bereichen unterwegs wäre … Aber es wirkt wirklich so, als ob Air Europa eine Spezialversion der 737-800 bestellt hätte, in denen sie “besonders enge Sitze” ins Lastenheft von Boeing geschrieben hätten.

Ich saß also zwischen einem dauertelefonierendem Spanier nordafrikanischer Herkunft in Jogginghose und mit Goldkette, der sein Seelenheil darin fand, aus verschiedensten Perspektiven in oder auf sein Handy einzuquatschen. Immer dabei seine rechte Armlehne in Beschlag haltend. Und einem spanischen älteren Herrn, der in einer Telenovela vermutlich den lieben und weisen Don gespielt hätte. Im echten Leben aber wenig lieb und weise seine linke Armlehne bewachte. Also faltete ich meine Arme eng um meinen Körper. Und genoß die dabei entstehende Wärme im Bereich der Achselhöhlen.

Im Verlauf des Fluges konnte ich allerdings Territorialgewinne verzeichnen. Zum sichtlichen Mißfallen meiner Mitreisenden. Ich frage mich, was eigentlich passiert, wenn sagen wir mal weniger friedliche Mitbürger in so einem Flugzeug aufeinander treffen…

Jeep Wrangler vor dem Flughafen Barcelona Roadtrip 2022 Nordspanien
Jeep Wrangler vor dem Flughafen Barcelona Roadtrip 2022 Nordspanien

Egal wie, der Flug von Palma nach Barcelona ist kaum mehr als 35 Minuten lang … Dann brauchte ich nochmal ne knappe halbe Stunde bis zum Auto, das von meinem Kollegen netterweise dort für mich geparkt worden war: Ein klassischer Jeep in Rubicon Ausführung mit ein paar Testosteron-schwangeren Zusätzen. Ein Prachtexemplar!

Mit meiner großen Tochter fuhr ich los. Und wir entschieden uns, nach Saragossa zu fahren. Von Barcelona aus sind das etwa 300 Kilometer nach Westen in die prächtige Hauptstadt der spanischen autonomen Gemeinschaft Aragonien und Saragossa (so etwas wie in Deutschland ein Zusammenschluß aus zwei Bundesländern).

Der Weg führt durch etwas gleichförmige Landschaften, in denen ein Hauptzweck des Nahrungserwerbs darin zu bestehen scheint, Berge zumindest teilweise abzutragen, um dann aus dem gewonnen Sandstein gelbe Backsteine herzustellen. Landschaftlich sagen wir mal mässig schön und das Licht war an diesem schwülen Juni – Tag auch eher nicht fördernd für die positive Wahrnehmung der Umgebung.

Klimaanlagen dienen wohl nicht dem Klimaschutz …
Auf dem Weg nach Lleida wirkt die Umgebung teilweise sehr ärmlich

Irgendwann fahren wir ab, weil ich Hunger kriege. In der Nähe ist eine Stadt namens Lleida, lt. Wikipedia schon in vorrömischer Zeit ein bedeutender Ort. Hatte das gleichgesetzt mit “schöner Ort”, war aber eine Fehlinterpretation.

Lleida - Brücke über den Ebro Road Trip 2022 Nordspanien
Lleida – Brücke über den Ebro Road Trip 2022 Nordspanien

Wir kurven ein bisschen durch den Ort. Und um so weiter es sich zur ehemaligen Kathedrale La Seu Vella hochschraubt, um so schöner wird es. Aber irgendwie reicht die Begeisterung nicht dafür aus, das Auto bei mittlerweile 35 Grad zu verlassen und wir beschließen, auf ländlicheren Wegen weiter zu fahren.

Wir suchen in Google Maps nach einem Restaurant nahe an unserer Strecke mit einer Bewertung von mindestens 4.5 Sternen. Fehlanzeige. Entscheiden uns dann einfach, einen Blick auf die beiden Kandidaten zu werfen, die wir zur Auswahl haben. Und entscheiden uns spontan für das erste, eine Braseria an der Autovia del Este, der A-2.

Ich fasse es mal schnell zusammen: Die Inhaber haben hier tatsächlich direkt an der “Autobahn”, die ihr links auf dem Bild durchschimmern seht, ein nettes kleines Paradies geschaffen. Wegen der Hitze mussten wir drin sitzen.

Im klimatisierten Gastraum bestellten wir beide das Tagesmenü für 12 Euro, beide als Vorspeise Spaghetti Bolognese, die in mir nostalgische Erinnerungen an Spaghetti Miracoli aus den Tagen aufkommen ließ, als KRAFT noch den bitter und scharf schmeckenden Parmesan (?) – Käse in Pulverform in die Kartons packte.

Dann kamen Sardinen mit hausgemachten Pommes Frites auf den mit Wachstuchdecke verzierten Tisch des Hauses. Gut gebraten, auf den Punkt und die Pommes waren einfach klasse!

Als Nachtisch entschieden wir uns für ein Eis. Und erhielten ein TK – Eishörnchen à la Cornetto in günstigerer Ausführung. Die Pommes waren erwartungsgemäß in Spanien richtig gut, die Sardinen waren gut gebraten. Alles in Allem völlig in Ordnung und für den Preis absolut fair.

In Saragossa hatten wir uns das Hotel Sauce ausgesucht. Tatsächlich meinen die Inhaber damit die Soße, die im Spanischen eigentlich Salsa heißt. Es ist ein 2 Sterne – Hotel mitten im Zentrum, das uns aufgefallen war, weil es ein Café mit eigener Patisserie hat.

Die rosa Tür führt in das Café, das zum Hotel Sauce gehört.Road Trip 2022 Nordspanien
Die rosa Tür führt in das Café, das zum Hotel Sauce gehört

Wir meldeten uns an der kleinen Rezeption und erzählten dem armen Kerl, das wir vor 5 Minuten in Booking gebucht hatten. Übrigens für etwa 70 Euro je Zimmer. Ein weiterer kam unserem Rezeptionisten zur Hilfe. Gemeinsam überlegten sie, welche Zimmer wohl am Besten für uns wären. Das war mir auch noch nie passiert. Mir wurde dann empfohlen dieses große Auto doch besser in einem anderen Parkhaus zu parken. Mir schwante Böses von meinem letzten Roadtrip, wo die “dazu gehörenden” Parkhäuser immer meilenweit vom Hotel entfernt waren …

Wir bringen das Gepäck auf die Zimmer und verabreden uns im Café. Dort empfiehlt mir der Rezeptionist in seiner jetzigen Rolle als Kellner, das Auto lieber sofort wegzufahren. Ich klemme mich also hinters Steuer und folge der Wegbeschreibung bis zum unterirdischen Parkhaus. Das ist übrigens glaube ich eine echte spanische Spezialität. Wir haben hier nicht nur den höchsten Pro – Kopf – Verbrauch von Beton. Sondern unterkellern auch konsequent Alles mit Tiefgaragen. Ob das Kathedralen drüber stehen oder was auch immer ist kein Hindernis für die offenkundig technisch extrem versierten Bauplaner.

Jetzt aber der Hammer. Ich gehe die Treppe aus der Tiefgarage hoch und stehe vor “El Pilar”, ausführlicher die Basílica del Pilar. Wow!

Ich habe zwar unzählige Fotos gemacht, aber mit meinem Reiseobjektiv ist dieser Größeneindruck ohne irre Verzerrungen nicht abbildbar. Daher habe ich Euch aus Wikipedia zwei Bilder nachstehend eingebettet. Kurz gesagt ist es eine riesige Barockkirche “mit farbenfrohen Kuppeln, einem berühmten Altar zu Ehren der Jungfrau Maria und Fresken von Goya” (Google Maps).

Und weil das ja noch nicht reicht, haben die verrückten Spanier direkt daneben noch die Catedral del Salvador hingestampft, eine “Kathedrale mit romanischen, gotischen und barocken Elementen sowie Museum für mittelalterliche Wandteppiche” (Google Maps).

Direkt daneben ist dann noch das Goya Museum. Klar darin findet Ihr die Werke des berühmten Grafikers und Bildhauers, das geht jetzt sogar ohne Google. Überhaupt: dies Saragossa quillt über vor Museen. Wer seine Kinder mal so richtig quälen will, macht einfach mal ne Woche Urlaub hier. Und jeden Tag 1-2 Museen. Nur das Museo del Fuego y de los Bomberos müsst Ihr auslassen, das könnte wirklich begeistern, hier gehts nämlich um Feuer und Feuerwehrmänner, das wäre ein Rohrkrepierer für Kinderquäler …

Und tatsächlich sind es nur 2 Minuten Fußweg ins Hotel zurück. Von dort machen wir uns nach einer kleinen Pause auf ins Restaurant Carnivoro. Auf dem Weg beginnen wir zu verstehen, warum Nordspanienberühmt ist für seine Küchenkultur.

Wir werden sehr nett empfangen und platziert zwischen einem holländischen und einem französischen Paar. Wir wollen bestellen. Aber der nette Padron streicht unsere Bestellung zusammen, weil es viel zu viel sei. Wir haben Hunger, glauben ihm aber!

Es geht los mit einem bunten leichten Sommersalat mit gegrillten Shrimps. Sehr lecker. Genau auf den Punkt. Das Mangodressing stört überhaupt nicht, sondern untermalt wirklich gut die Komposition. Ausgesprochen lecker!

Danach das knusprige Hähnchen, so wie bessere Chicken Nuggets. Keine Enttäuschung, keine Überraschung. Besser als McDonalds. Aber auch keine Offenbarung. Dann kommt ein Gang, den ich für Euch nicht fotografiert habe, weil er furchtbar aussieht. Den unsere Nachbarn alle schon vor uns hatten. Und wir hatten gerätselt, was das wohl sein könnte. Eine mittelgroße Schüssel voller mittelbrauner Pampe. In denen mutmaßlich Kartoffelstäbchen herumschwimmen. Oben drauf schwimmen zwei Eigelb vom Wachtelei. Die rührt der Servicemitarbeiter dann mit unglaublich viel Aufwand und Liebe in die Pampe ein.

Das ganze sind tatsächlich die bestellten “Spiegeleier in Pilzsoße”. Sieht nicht so aus. Schmeckt aber genial. Allerdings nicht unbedingt die Kategorie leichte Sommerküche, sondern ein echter schwerer Kracher für spanische Regentage. Wir schaffen nur ein paar Löffel. Aber sind schon ziemlich voll als die “deutschen Bratwürste mit 4 Senfsorten” anrollen. Das Lowlight des heutigen Abends. Die Würste sind gut. Aber sehr fein passiert. Und zu wenig scharf angebraten. Die Senfsorten sind für mich persönlich überflüssig, aber da bin ich sehr konservativ 😉

Also zusammengefasst: In der stimmungsvollen Straßenbeleuchtung ein toller Ort für ein schönes Dinner. Vor allem draußen. Aber auch drinnen ein schönes Interior Design und ein Platz, der zum Wohlfühlen einlädt. Die Küche ist auf jeden Fall gut. Hat pfiffige Ideen. Schwächen im Detail. Aber schaut Euch den Beleg an: wir waren noch unter 60,- Euro. Und dafür war die Qualität super! Das Carnivoro ist einfach ein toller Platz, um einen schönen Abend zu verbringen!

So, jetzt Schluß für heute. Morgen geht es weiter!

Viele Grüße, Arnd

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert