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Spaziergang am Tegernsee

Ein Flachlandtiroler auf Abwegen

Da bist Du in München für einen Tag. Eigentlich nur, weil Du wartest, das BMW Dein Auto inspiziert am Montag, damit der geplante Road Trip starten kann. 

Aber es ist Sonntag. Die Sonne scheint. Ein wunderschöner Tag, die harte Wintersonne inszeniert die bunten Häuser der Münchner Innenstadt noch spektakulärer in ihrer Schönheit. 

Während ich im Hotelbett liege und für die Predator Website programmiere, überlege ich, einen kleinen Trip aufs Land zu machen. Xenia, die beste Ehefrau von Allen, hatte mir zum Tegernsee geraten. Also google ich nach “leichten Wanderungen” in der Region und werde fündig. Das die Seite “Bergtour online” heißt irritiert mich nicht in meiner Euphorie und ab gehts es in Richtung Aueralm.

Das Amt ist schon da

Ausgangspunkt der Wanderung ist der Parkplatz Söllbachtalatraße. Aus Richtung München fährst Du im Tegernseer Land durch wunderschöne kleine Ansammlungen von sehr gepflegten und auch prachtvollen Holzhäusern. Quasi Idyll pur im Münchner Vorgarten. Kommst an diesem Parkplatz im – aus städtischer Sicht – Niemandsland an und triffst als erstes auf eine nette Dame vom Ordnungsamt.

Kein Witz, da steht ein Ticketautomat und es wird aufgeschrieben. Ich installiere mir mangels Kleingeld eine Park-App. Die nette Dame vom Ordnungsamt sagt, die sei gut. Und funktioniere auch in 80% der Fälle …

Die Beschreibung auf der Website klingt einfach, die Ausschilderung des Weges sei sehr gut. Und “etwas später” ginge es vom Forstweg am idyllischen Bachlauf  dann nach rechts ab. Das hätte man ein bisschen genauer beschreiben können, ich habe Euch ein Foto von der Stelle gemacht.

“einfach und kinderwagengeeignet”

Laut Bergtour online: “Der Weg ist zu jeder Jahreszeit einfach und ohne Schnee sogar “Kinderwagengeeignet” (Normalweg, aber steil!)”. Und: “Kondition: geringe bis mittlere Anforderungen; bei guter Fitness einfach zu bewältigen”

Wie ich später gelesen habe, rät “Fritz”, der Verfasser dieser Tour, davon ab, im Winter auf den Höhenweg abzubiegen. Ich stapfe aber in meiner leichten Ausrüstung aus Sommer-Wanderstiefeln, dünner Jacke und in der linken Hand die Kamera, in der rechten eine kleine Flasche Wasser weiter aufwärts.

Pfadfinder?

Irgendwann ist der Weg dann durch den Schnee schwierig zu finden und der angeblich breite Forstweg wird zu einem schmalen Trail, der sich direkt durch den Wald parallel zum Hang hochzieht. Überhaupt nicht wild, aber auch kein entspannter Spaziergang auf einem breiten Forstweg. Und Kinderwagentauglich nicht wirklich … 

Als ich den Höhenweg erreiche, bin ich bis dahin schon ein paar Mal knietief im Schnee eingesunken. Und hatte gehofft, das würde wieder aufhören. Aber Pustekuchen, jetzt ging es erst richtig los. 

Tegernsee Traumblick

Jetzt öffnet sich der Wald kurz und der Blick wird frei auf den Tegernsee. Atemberaubend schön!

Die folgende knappe Stunde wird aber zur Qual. Ich versuche in Fußstapfen Anderer zu treten, um nicht bei jedem Schritt kräftezehrend einzusinken. Nicht nur die Füße sind mittlerweile nass. Eigentlich Alles. Und einzig meine Wanderbegeisterung ist schon im Tal angekommen. 

Plötzlich lichtet sich der Wald ein wenig und weiter hinten erspähe ich eine Schranke. 

Nicht Euer Ernst!

Ein Schild warnt vor der Schranke?! Als ob es hier noch eine Option zum Umkehren gäbe. Oder man die Schranke übersehen könnte. Das Schild aber nicht. Aber der Amtsschimmel scheut eben keine Mühen, uns auch noch an den abgelegensten Orten mit seiner Fürsorge zu überraschen.

Irgendwann erreiche ich dann eine Kreuzung, die sich öffnet in Richtung Aueralm. Die Sonne knallt runter und ganz weit weg oben sehe ich  Menschen.

Die letzten Meter ziehen sich tatsächlich noch ein bisschen. Entgegenkommende behaupten, es seien nur 5 Minuten. Aber Alle aus der Kategorie “Pro” – Wanderer … Mittlerweile habe ich verstanden, warum Wanderer diese von mir immer belächelten Gehstöcke benutzen… 

Tatsächlich setzt der Profi noch einen drauf mit Schuhen mit Schneekette. Kein Witz und offensichtlich wußte Jeder, wie sinnvoll solches Equipment sein kann. Nur ich nicht.

Ich freue mich tierisch auf eine kleine fettige Hüttenmahlzeit. Oder eine große fettige Hüttenmahlzeit. Und dazu eine leckere Himbeerschorle, die man im Süden auch Skiwasser nennt. Die Zunge klebt mir schon lange am Gaumen …

Schön oder? Fantastische Blicke! Wirklich sehenswert! Ich habe nicht versucht, das fantastische Panorama für Euch zu fotografieren. Es wäre nicht so schön geworden wie es in Wirklichkeit ist. Ich kann nur empfehlen, diese Wanderung (nicht im Winter…) zu machen und selbst zu schauen!

Ich habe Hunger!

Nach dem ich mich umgeschaut habe gebe ich mich mit einem beherzten “Moinsen” den anderen Wanderern als ortsfremder Amateur zu erkennen.  Was ihnen natürlich schon aufgrund meines Outfits klar ist. Und frage, was sie empfehlen würden als Spezialität der hiesigen Gastronomie. Die Antwort: “Was Du Dir halt mitgebracht hast” … Die Aueralm ist nämlich noch geschlossen …

Wir lieben Verbote

Mir fällt es leicht, dieses Verbot zu befolgen. Habe ausser meiner mitlerweile leeren Flasche Wasser nichts dabei. Also genieße ich weiter den Ausblick. Aber durch meinen späten Aufbruch packt mich die Unruhe, da ich möglichst nicht auf vereisten Wegen berab rutschen möchte.

Ich befrage die “Profis” nach dem besten Weg bergab und stapfe wieder los. Gefragt hatte ich nach einem weitgehend schnee- oder eisfreien Weg. Die Illusion nahmen sie mir schnell. Also entschied ich mich für den kürzesten Weg.

Im Survival Modus

Mein Handyakku leerte sich unaufhaltsam. Die Schatten wurden länger und es wurde spürbar kühler. Ich schrieb der besten Ehefrau von Allen welchen Weg ich genommen hatte und bat sie, sollte ich nicht in 2-3 Stunden von mir hören lassen, eine oder mehrere Staffeln der Bergrettung mit ein paar Lawinenhunden los zu schicken.

Tatsächlich war der Abstieg dann wirklich einfach. Der Puls nicht mehr im dauerroten Bereich. Gelegentlich sank ich am Wegrand noch ein. Aber das wurde schnell besser, der Weg war zwar wirklich steil. Aber eisfrei.

Am Parkplatz angekommen freue ich mich unfassbar über die Wasserflasche im Auto. Quäle mich aus meinen treuen Sommer-Wanderstiefeln und verschnaufe erstmal. Fast vier Stunden war ich unterwegs. Ohne Schnee ginge das sicher deutlich schneller. Richtig schön war es aber trotzdem! 

Vielleicht doch ganz gut so …

Und angesichts des fast vollen Parkplatzes hier schon jetzt im Winter ist die Jahreszeit vielleicht doch gar nicht so schlecht für einen Ausflug in Richtung Tegernsee. Vermutlich ist es im Sommer hier rappeldicke voll. Und wäre ich besser ausgerüstet gewesen, wäre der Weg auch keine große Herausforderung gewesen. Empfehlen würde ich nach dem heutigen gelernten: Wanderstöcke. Wasser und vielleicht diese Schneeketten für die Schuhe …

Ich habe Euch in Komoot meine Route zur Aueralm am Tegernsee mal eingezeichnet. Finde es so leichter nachvollziehbar als mit der Wegbeschreibung.

Wenn Euch der “Spaziergang” am Tegernsee gefallen hat, schreibt das gern in einen Kommentar unten. Wenn Ihr nichts verpassen möchtet, abonniert den Newsletter. Oder folgt mir auf Instagram oder LinkedIn!

Arnd

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